Meinung

Nicht auf NATO-Linie: Historiker Ganser wehrt sich juristisch gegen politische Zensur

Diffamiert und zensiert: Der Schweizer Historiker Daniele Ganser steht im Sturmfeuer deutschsprachiger Leitmedien und Politiker. Mehrere Veranstalter kündigten ihm lange geplante Vorträge zum Ukraine-Konflikt. Seine Meinung will er sich aber nicht verbieten lassen. Wie geht er damit um? Die Autorin sprach mit ihm.
Nicht auf NATO-Linie: Historiker Ganser wehrt sich juristisch gegen politische ZensurQuelle: www.globallookpress.com © Andreas Weihs via www.imago-imag

Von Susan Bonath

Die Sturmtruppen der westlichen "Demokratie" gehen immer härter gegen ihre Kritiker vor. Wer der herrschenden Propaganda widerspricht, muss einiges aushalten. Friedensaktivisten landen vor Gericht, Ärzte im Gefängnis, russische Medien in der Verbannung. Nicht konforme Künstler müssen mit Auftrittsverboten, unliebsame Journalisten mit Lehrverboten rechnen.

Dass der für seine kritische Haltung zur NATO bekannte Schweizer Historiker Daniele Ganser nun Hallen in Deutschland und Österreich füllt, will das Establishment mit allen Mitteln verhindern. Medialer und politischer Druck ließen bereits erste Veranstalter in Dortmund, Nürnberg, Innsbruck und Steyr einknicken. Sie kündigten einseitig die Verträge mit Ganser zu geplanten Vorträgen über den Ukraine-Konflikt. Auch andernorts wüten selbst ernannte Zensurmeister mit wilden Beleidigungen und Verleumdungen gegen ihn. Mehr und mehr entsteht ein Klima, das an politische Verfolgung erinnert.

Medienkampagnen vorneweg, Politik hinterher

Der Historiker und Friedensforscher ist Ausgrenzung gewohnt. Seit er die offizielle Version über die Anschläge vom 11. September 2001 infrage stellte, gilt er als Persona non grata. Dass er die NATO-Kriege der vergangenen Dekaden unbeeindruckt von der allgegenwärtigen Regierungspropaganda historisch beleuchtet und sich eindeutig für Frieden ausspricht, gefällt den Meinungsführern noch weniger.

Es laufe immer ähnlich ab, blickt Ganser im Gespräch auf die letzten Jahre zurück. Werde ein Vortrag bekannt, starteten zunächst die großen Medien eine Kampagne. "Sie schreiben die Kampfbegriffe gegen meine Person einfach voneinander ab, ohne sie sachlich zu belegen", resümiert er. In der Tat wird man im Internet rasch fündig: Bereits in einigen Überschriften wird er als "brandgefährlicher Verschwörungstheoretiker" und "Antisemit" markiert. Er glaubt: "Die Medienvertreter mit eigener politischer Agenda rufen dann vermutlich bei Politikern an, fragen: Wie könnt ihr den nur auftreten lassen?"

In Dortmund etwa habe sich nach einer solchen Kampagne ein politisches Konglomerat aus CDU, Grünen und einem ominösen "Bündnis" gebildet. Dieses sei über Gansers geplanten Auftritt "irritiert", "fassungslos" und "entsetzt", heißt es bei Ruhr24. Das Portal gehört zum Lensing-Media-Verlag, dem größten Medienunternehmen in Nordrhein-Westfalen. Ohne einen Beweis zu erbringen, beschuldigen die Autoren dort Ganser unter anderem  als "Verbreiter antisemitischer Thesen". Hört man ihm jedoch zu, wird schnell klar: Dieser Vorwurf ist absurd und dürfte (eigentlich) vor keinem Gericht standhalten.

Gerichtsstreit für die Meinungsfreiheit

Den kritisierten Vortrag hat der Historiker schon öfter gehalten. "Darin sage ich zum Beispiel, Deutschland sollte keine Panzer liefern." Dies passt den Grünen, der SPD und der CDU offensichtlich nicht in den Plan. "Sie haben Druck auf die Westfalenhalle GmbH ausgeübt, und die konnte dem nicht standhalten", erläutert Ganser. Anfang Februar lud sie ihn aus. Im bayerischen Nürnberg lief es ähnlich. "Dort hat der Bürgermeister Marcus König (CSU) die Meistersingerhalle angewiesen, den gültigen Vertrag mit mir zu kündigen", sagte er. Geplant war sein Vortrag für Anfang Mai, 800 Tickets waren schon verkauft, wie er erklärte.

Bürger rufen derweil in Dortmund zu einer Demonstration unter dem Motto "Meinungsfreiheit statt Meinungstotalitarismus" auf. Im Stadtrat wehrt sich eine Minderheit gegen das Verbot. Auch Ganser geht gegen die Zensur vor. "Ich will diesen Vortrag unbedingt halten, ich und mein Team werden gegen die Kündigung unseres gültigen Mietvertrages vor dem Landgericht in Dortmund klagen", erläutert der Historiker. Er bittet die Ticketinhaber um Geduld: "Zensur findet nicht statt – so heißt es zumindest im Grundgesetz." Er hofft, die Richter nehmen Letzteres ernst.

"Müssen Kriege um jeden Preis verhindern"

Stimmungsmache gegen seine Person sei Ganser zwar gewohnt. Aber die Härte nehme zu und erreiche immer neue Qualitäten. Nur in Ostdeutschland spüre er (noch) eine gewisse Zurückhaltung, schränkt er ein. Dort gebe es zwar auch medialen Druck. Es habe ihm aber "noch kein Veranstalter abgesagt". Vermutlich fürchtet die Politik dort größeren Widerstand aus der Bevölkerung.

Besonders verwundert ihn die politische Wandlung der Grünen von einer (angeblichen) Friedens- zur "lautesten Kriegspartei". Ganser verrät: "Ich selbst habe früher mal die Schweizer Grünen gewählt." Seit die deutschen Grünen jedoch den Jugoslawienkrieg unterstützten, sei das Geschichte. Er betont: "Weder arbeite ich für eine politische Partei, noch bin ich Mitglied einer solchen." Er setze sich nur für Frieden ein, denn:

"Gerade in Kriegszeiten ist es wichtig, dass auch jene Menschen sich zu Wort melden, die Panzerlieferungen ablehnen und keine Eskalation, sondern Friedensgespräche wollen."

Die aktuelle westliche Kriegspropaganda findet Ganser unerträglich. Man müsse die Ursachen von Konflikten verstehen, um Kriege um jeden Preis zu verhindern, mahnt er. Nur um Letzteres müsse es gehen, "denn Krieg verursacht immer riesiges Leid in der Bevölkerung, vor allem bei den Ärmsten". Er verdeutlicht seinen Standpunkt zum Thema Ukraine, Russland und NATO:

"Ich verurteile den in meinen Augen illegalen Einmarsch von Putin, aber auch den illegalen Putsch von Obama 2014, der die Ukraine ins Chaos gestürzt und einen Bürgerkrieg ausgelöst hat."

Dieser Krieg habe 2014 und nicht erst vor einem Jahr begonnen, und auch dieser Putsch habe eine lange Vorgeschichte, so Ganser. Den Mund verbieten lassen will er sich auf keinen Fall. Er fügte augenzwinkernd hinzu: "Man muss sich in diesen Zeiten nicht an Politikern orientieren, sondern an Pippi Langstrumpf, die sagte: Der Sturm wird stärker, ich auch."

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